Mode und Fashion (Teil 3): Interview mit Herrn Borstelmann von der Beekeschule

Beim Thema „Mode in der Schule“ wird häufig die Frage nach Schulkleidung oder einer Kleiderordnung aufgeworfen. Wir haben dazu vor den Osterferien ein Interview mit Sven Borstelmann geführt, der Schulleiter an der Beekeschule in Scheeßel, also an unserer Nachbarschule ist. Dort gibt es in der Schulordnung auch eine Verpflichtung, angemessene Kleidung zu tragen.

ES: Warum haben Sie sich für eine Kleiderordnung an Ihrer Schule entschieden? 

Herr Borstelmann: Eigentlich haben wir gar keine Kleiderordnung. Oder anders: Alle Schulen haben eine Kleiderordnung. Ihr habt zum Beispiel eine Kleiderordnung im Sportunterricht, da müsst ihr Sportkleidung tragen. Wir haben an der Beekeschule in dem Sinne eigentlich keine Kleiderordnung eingeführt, wir haben nur die Schulordnung ein wenig umgestellt. Wir haben versucht, die Schulordnung von diesem „Es ist verboten“ umzustellen auf eine Selbstverpflichtung, also eine Art Vertrag, dem alle Beteiligten auf dieser Schule nachzugehen haben. Wir haben hierzu ein paar Sätze formuliert wie „Wir gehen respektvoll miteinander um“ etc.. Und ein Satz lautet „Wir tragen stets angemessene Kleidung“. 

Dazu gehört wie vorhin schon genannt Sportkleidung oder auch, dass Mädchen keinen tiefen Ausschnitt oder bauchfreie Kleidung tragen. Genauso gehört dazu, dass einige Jungen im Winter mit kurzen Hosen ankommen. Darunter fällt auch diese Kleiderordnung, die große Wellen in der Presse geschlagen hat. Interessanterweise ging die Initiative nicht von den Lehrern aus, sondern kam dieser Wunsch aus der Schülerschaft. Das war 2018. Da haben die Schüler gesagt, sie wollten keinen „so genannten „Sofaschlabber-Look“ mehr an der Schule haben. Der Wunsch ging durch die Schülervertretung, auch die Eltern haben darüber diskutiert und schlussendlich hat die Schulgemeinschaft die nun gültige Regelung in einer Gesamtkonferenz beschlossen.

Man denkt immer, der Schulleiter habe so etwas beschlossen, aber tatsächlich ist das nicht der Fall. 

ES: Wie wird die Kleiderordnung Ihrer Schule definiert und wie lauten Ihre wichtigsten Regeln?

Herr Borstelmann: Rechtsradikale Zeichen sind verboten, außerdem sprechen wir mit den Abschlussschülern darüber, wenn es um die Kleidung für die Abschlussfeier geht. Müsst ihr wirklich Alkoholwerbung darauf haben? Und wie wollt ihr euch darstellen? Wir wollen nicht reinreden, aber natürlich beraten. Manchmal muss man auch Schüler vor sich selbst beschützen. 

Eine der wichtigsten Regeln unserer Schulordnung war aber, dass man angemessen erscheint. Da stellt sich immer die Frage, was angemessen ist. Es ist dann manchmal der Fall, dass manche Jogginghosen tragen und es als angemessen sehen und andere wiederum nicht. Zum Thema Jogginghosen muss man sagen, dass sie mittlerweile modern geworden sind. Es ist nicht mehr so, dass man eine Jogginghose nur noch zum Sport oder zu Hause trägt, sondern fast überall. Und da muss man dann eben nachbessern oder dafür sensibel machen.

ES: Wird die Kleiderordnung an Ihrer Schule durchgesetzt? Und welche Konsequenzen gibt es bei nicht-Einhaltung?

Herr Borstelmann: Also erstmal sprechen wir die Schüler an. Dann fragt man, ob sie sicher sind, dass sie so rumlaufen möchten. Ein klassisches Beispiel sind junge Damen im Sportunterricht, bei denen die Jungen schon umfallen, weil etwas rausfällt und wo man sich dann wirklich fragt, ob sie sich nicht ein T-Shirt überziehen können. Ansonsten muss man vielleicht mal mit den Eltern sprechen. Es gab einmal eine Beschwerde, aber auch das war zu lösen.

ES: Wie haben Eltern, Lehrer und Schüler auf die Einführung der Kleiderordnung reagiert?

Herr Borstelmann: Die ganze Angelegenheit war auf Augenhöhe und wir sind das gemeinsam angegangen. Demnach war es bei der Einführung kein Problem, es gab einmal eine Erinnerungsspritze nach Corona, als wir gesagt haben, wir müssen wieder mehr auf die Einhaltung achten. Da sind dann alle plötzlich aus den Wolken gefallen und haben gemerkt, dass die Regel noch besteht. Da mussten wir natürlich wieder nachbessern. 

ES: Welche Vorteile sehen Sie bei einer Kleiderordnung für Ihre Schüler und Schülerinnen?

Herr Borstelmann: Wenn man weiter denkt, an Schuluniformen beispielsweise, gibt es Vor- und Nachteile. Nicht ohne Grund haben manche Schulen Schuluniformen. Momentan widerspricht es unserer freien demokratischen Grundordnung, da sich laut dieser jeder kleiden darf wie er möchte. Aber es gibt mit Sicherheit in Deutschland auch Schulen, an denen eine Schuluniform Sinn ergeben würde: Wenn wir von Brennpunktschulen sprechen, wo viel auf die Kleidung geachtet wird, wo Gangs sich über Kleidung definieren. Dann kann man über eine Kleiderordnung sprechen, die sich in Form von Schuluniformen definieren lässt. Momentan sehe ich dass für die Beekeschule nicht.

ES: Wie haben Sie die Kleiderordnung an die Bedürfnisse Ihrer Schüler und Schülerinnen angepasst?

Herr Borstelmann: Wir sind im Dialog miteinander. Auch eben gerade habe ich mit der betreuenden Lehrkraft für die Schulordnung darüber gesprochen, dass wir wieder mehr auf die Kleiderordnung schauen müssen. Denn wir müssen uns die Frage stellen, ob das, was wir wollen, die Schüler auch wirklich wollen. Die sind jetzt im Prozess und haben bis nach Ostern in der SV Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Dann haben sie die Möglichkeit Änderungswünsche zu äußern. Außerdem habe ich demnächst eine Elternratssitzung, auf der möchte ich die Eltern ansprechen und informieren, dass das unsere Schulordnung ist und sie einmal darüberschauen sollen. Und die Kleiderordnung ist ein Teil davon. 

ES: Wie gehen Sie mit individuellen Bedürfnissen von Schülern um, die aufgrund von religiösen und kulturellen Überzeugungen Kleidungsstücke tragen müssen, die von der Schulordnung abweichen?

Herr Borstelmann: Das haben wir im Prinzip nicht. Es sei denn, man redet von Mädchen, die ein Kopftuch im Sportunterricht tragen. Da ist es natürlich ein wenig schwierig, da dies Sicherheitsaspekte betrifft. Wenn ein langer Zipfel des Kopftuches herunterhängt und sich diese Mädchen irgendwo verfangen, dann kann das gefährlich sein. Und dann muss man sich fragen, ob man nicht eine Lösung findet, dass man das Kopftuch zum Beispiel anders bindet. 

ES: Haben Sie jemals Schwierigkeiten dabei gehabt die Schüler dazu zu bringen die Kleiderordnung zu respektieren?

Herr Borstelmann: Einen Fall hatten wir. Da war das mit den Eltern auch ein wenig schwieriger, sodass sogar die Schulleitung eingeschaltet worden war. Im Endeeffekt haben wir das Problem aber lösen können.

ES: Dann auch schon die letzte Frage: Sind Sie der Meinung, dass eine Kleiderordnung in allen Schulen eingeführt werden sollte? Oder hängt dies von der jeweiligen Schule und ihren Bedürfnissen ab?

Herr Borstelmann: Das hatte ich ja bereits gesagt. Es mag Schulen geben, an denen es wirklich Sinn ergibt. Das sehe ich für Scheeßel aber nicht.

ES: Dankeschön, dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben!

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