ES-Magazin: Warum haben Sie sich an der Eichenschule beworben?
Herr Heins: Ich arbeite seit ungefähr zehn Jahren an der Montessori-Schule in Rotenburg und unterrichte dort MINT. Irgendwann ist der Wunsch entstanden, die Lehrtätigkeit auszudehnen. Das ist natürlich an einer kleinen Schule nicht sinnvoll möglich, wenn man im Bereich der Naturwissenschaften bleiben möchte. Ich komme somit von einer Privatschule und wollte mich wieder an einer Privatschule bewerben. Im ländlichen Raum gibt es nicht so viele Möglichkeiten wie in einer Großstadt, deshalb ist es die Eichenschule geworden.
ES-Magazin: Wie war ihr erster Eindruck von der Eichenschule?
Herr Heins: Als ich das erstmals in die Schule gekommen bin, ist mir aufgefallen, dass die Eichenschule in einem sehr guten baulichen Zustand ist. Sie ist sehr gepflegt. Meine erste Assoziation war die einer Waldorfschule. Die Atmosphäre ist eine Besondere: Überall hängen von den Schülern selber erschaffene Kunstwerke. Die Kunstwerke geben den Räumen und Gängen Wärme und Freundlichkeit.
ES-Magazin: Welches Fach mochten sie in ihrer Schulzeit am wenigsten?
Herr Heins: Alle Fremdsprachen. Damit tue ich mich seit eh und je schwer.
ES-Magazin: Was macht für Sie einen guten Lehrer aus?
Herr Heins: Dazu kann ich natürlich nicht so eine umfangreiche und gute Antwort geben, ich bin Quereinsteiger: Man muss versuchen, so viele Schülerinnen und Schüler wie möglich zu erreichen. In der Physik ist das nicht immer einfach. Die Themen erscheinen „trocken und lebensfern“ zu sein (obwohl unsere heutige Lebenswelt so stark von Physik durchdrungen ist, wie noch nie zuvor in der Geschichte).
Ich versuche mich ein wenig an Montessori zu orientieren, dort gibt es nicht die scharfe Trennung der Fächer, wie an einer normalen Schule. Gerne wird in der Montessori-Schule mit einem Zeitstrahl gearbeitet, an dem Karten zu Personen, Ereignissen etc. angelegt werden.
In den 7. Klassen passen die Themen zufällig ganz gut zusammen: In Geschichte wird das Zeitalter der Aufklärung behandelt, wir thematisieren in Physik Newton. Die Karten zur Aufklärung und zu Newton würden an der gleichen Stelle auf dem Zeitstrahl liegen und den zeitlichen Zusammenhang veranschaulichen.
ES-Magazin: Wie setzen Sie Ihre Ideale im Unterricht konkret um?
Herr Heins: Ich versuche Querverbindung zu schaffen, wie zuvor beschrieben.
Eine andere Verbindung kann man zwischen der geometrischen Optik und der Biologie herstellen. Greift man auf die Paläontologie zurück, kann man eine Verbindung zu den Perlbooten (Nautilus) knüpfen. Nautilus (ein lebendes Fossil) hat Augen, die nach dem Prinzip der Kamera Obscura arbeiten. Zur Kamera Obscura oder Lochkamera gibt es schöne Versuche. Die Schüler können die Kamera leicht selber bauen.
ES-Magazin: Welcher ist ein typischer Lehrerspruch, den Sie jetzt benutzen, obwohl Sie das nie dachten oder wollten?
Herr Heins: Da wüsste ich keinen Spruch, darauf habe ich nie geachtet. In der Montessori-Schule spielen Lehrersprüche keine Rolle. Die Kinder sind noch zu jung für solche Dinge.
ES-Magazin: Warum haben Sie sich für Ihr Unterrichtsfach entschieden?
Herr Heins: Die Frage nach der Wahl des Faches ist die Frage nach der größten Schnittmenge zwischen der Kristallographie und der Uhrmacherei. In der Kristallographie werden sehr viele physikalische Messmethoden eingesetzt.
Die mechanische Uhr ist die praktische Umsetzung der klassischen Physik schlechthin (Auf einer Ausgabe von „Universum 9/10“ befindet sich eine mechanische Uhr als Titelbild).
Eine Reihe bekannter Naturphilosophen/Physiker haben sich intensiv mit mechanischen Uhren befasst: Galileo Galilei hat die isochrone Schwingung des Pendels entdeckt und damit die Grundlage für die Pendeluhr geschaffen. Christian Huygens verfeinerte die Pendeluhr und hat zeitgleich zu Robert Hooke die Unruh entworfen. Damit war es möglich, genaue und gleichzeitig transportable Uhren zu bauen. England lag damals im Uhrenbau technologisch weit vorne, ein ungeheurer Vorteil für eine aufstrebende Weltmacht.
Man kann die Verbindung zwischen der Uhrmacherei und der Physik auch aus einer ganz anderen Perspektive betrachten:
In der Uhrmacherei hat man sehr früh begonnen „Welt-Maschinen“ zu bauen. Diese Maschinen waren Modelle des jeweils bekannten Sternenhimmels bzw. der Welt. Die älteste Maschine mit Uhrwerk – als Antrieb – war die Uhr von Giovanni de Dondi (1318 – 1389). Als die älteste Maschine generell gilt der „Mechanismus von Antikythera“ (vermutlich um 100 v. Chr.). Dieser Mechanismus wird oft als „Ur-Uhr“ betrachtet.
Die Physik erschafft ebenfalls Modelle von der Welt oder von Teilen derselben, wobei heute die Mathematik die Zahnräder abgelöst hat.
ES-Magazin: Welche ist Ihre schönste Schulerinnerung als Schüler/in oder Lehrer/in?
Herr Heins: Diesbezüglich fällt mir nichts ein, es ist lange her. Das war eine andere Zeit, es gab noch keine attraktiven AGs oder ähnliche Angebote.
2.PERSÖNLICHER TEIL (AUSWAHL)
ES-Magazin: Was wollten Sie, als Sie klein waren, immer werden?
Herr Heins: Das weiß ich nicht mehr. Ich wüsste nicht, dass ich damals etwas bevorzugt hätte.
ES-Magazin: Spielen Sie ein Instrument?
Herr Heins: Nein.
ES-Magazin: Über welches Thema könnten Sie ohne Vorbereitung eine 30-minütige Präsentation halten?
Herr Heins: Über die Uhrmacherkunst: Wobei ich mir dabei wahrscheinlich etwas Anderes vorstelle als ihr. Ich denke dabei an mechanische Uhren mit Zusatzfunktionen (Komplikationen). Am liebsten mit „großen Komplikationen“, zum Beispiel ein Kalender-Werk, in dem alle Monatslängen, Schaltjahre, Wochentage und die Mondphase für 400 Jahre „hinterlegt“ sind.
ES-Magazin: Welches ist Ihr Lebensmotto?
Herr Heins: Ich habe kein Lebensmotto, dazu ist das Leben zu kompliziert und vielschichtig. Man muss sich immer an neue Situationen anpassen (können). Das Leben läuft nicht linear ab. Wenn ein Motto in jeder Situation passen würde, dann wäre es „sehr banal“ und wenig hilfreich.
ES-Magazin: Verraten Sie uns Ihren Lieblingsfilm/ Ihr Lieblingsbuch?
Herr Heins: Es gibt nicht den einen Film oder das eine Buch. Sehr eindrucksvoll fand ich den Roman „Crossroads“ von Jonathan Franzen, weiterhin John Irving mit „Gottes Werk und Teufels Beitrag“.
Ich gehe sehr selten ins Kino. Der letzte Film, an den ich mich sehr deutlich erinnere, ist „Cold War“.
ES-Magazin: Was machen Sie gerne in ihrer Freizeit?
Herr Heins: Ich befasse mich immer noch mit der Uhrmacherei. Interessanten Objekten restauriere und repariere ich nach wie vor gerne.
Ich fahre (Renn-)Rad, aber nicht auf Zeit, sondern entspannt durch schöne Landschaften.
Im Somme gehe ich Windsurfen, auch wenn es ein bisschen aus der Mode gekommen ist.
ES-Magazin: Welche Person – tot oder lebendig- würden Sie gerne mal zum Abendessen einladen?
Herr Heins: Wer sich für die Uhrmacherei interessiert, denkt natürlich sofort an Abraham Louis Breguet (1747-1823 französischer Uhrmacher und Mechaniker). Breguet vereinigt unter allen Uhrmachern die höchste Zahl an Verbesserungen und Patenten auf sich. Seine bekannteste Erfindung ist das „Tourbillion“:
Im Kern geht es hier um die Kompensation von Gangungenauigkeiten in Taschenuhren. Seine Überlegung war sehr einfach: Wenn der Fehler in der Uhr technisch nicht abstellbar ist, kompensiert man den Fehler durch einen gleich großen Gegenfehler.
In der Praxis ist diese Lösung allerdings ausgesprochen anspruchsvoll (das „Tourbillion“ ist die Königsdisziplin des kunsthandwerklichen Uhrenbaus).
ES-Magazin: Was darf in Ihrem Kühlschrank nie fehlen?
Herr Heins: Das, was man braucht, um ein schönes mediterranes Gericht zu kochen, also Gemüse, Tomaten, Zucchini, Paprika, Nudeln, Parmesan…..
3. KURZFRAGERUNDE
ES-Magazin: Nutella mit oder ohne Butter?
Herr Heins: Trocken Brot (keine Nutella und keine Butter).
ES-Magazin: Schokolade oder Gummibärchen?
Herr Heins: Eindeutig Schokolade.
ES-Magazin: Zwei Wochen ohne Handy oder ohne Süßigkeiten?
Herr Heins: Ich könnte auf das Handy gut verzichten.
ES-Magazin: Hund oder Katze?
Herr Heins: Notfalls wäre es eine Katze, aber am liebsten gar kein Tier.
ES-Magazin: Singen oder Tanzen?
Jürgen Heins: Zur Not Tanzen, Singen absolut nicht.
ES-Magazin: Partymaus oder Couchpotato?
Herr Heins: Das zweite eindeutig, verbunden mit guter Lektüre.
ES-Magazin: Rap oder Schlager?
Herr Heins: Beides ist ein Ohrengraus.
ES-Magazin: Kaffee oder Tee?
Herr Heins: Eindeutig Tee.
ES-Magazin: Mathe oder Deutsch?
Herr Heins: Könnte ich nicht entscheiden, käme aufs Thema an.
ES-Magazin: Kunst oder Musik?
Herr Heins: Ganz eindeutig Kunst.
ES-Magazin: Das waren schon alle Fragen. Vielen Dank für Ihre Zeit!