Frau Baden, Lehrerin für Deutsch und Englisch an der Eichenschule, reiste Anfang März mit Erasmus+ an eine schwedische Schule. Zu diesem Thema hat sie sich auf ein Interview mit uns eingelassen.
ES-Magazin: Danke, dass Sie sich auf ein Interview mit uns eingelassen haben. Fangen wir ganz am Anfang an: Was ist überhaupt Erasmus+ und was war der Zweck Ihrer Reise?
Frau Baden: Erasmus+ ist ein Projekt der EU, bei dem der Austausch von Bildungseinrichtungen im Vordergrund steht. Das fängt eben bei Schulen an, also man könnte beispielsweise in der elften Klasse über Erasmus+in Frankreich macht. . Dann gibt es eben die Möglichkeit als Lehrkraft ins Ausland zu gehen, wobei man Workshops oder Sprachkurse machen kann, um sich mit anderen Lehrkräften aus Europa weiterzubilden. Oder, das was ich jetzt gemacht habe, ein Jobshadowing, bei dem man dem Unterricht im Ausland eine Woche lang zuschauen kann. Es geht aber auch weiter an die Universitäten, man kann sich beispielsweise als Student/in über Erasmus+ das Auslandssemester organisieren und Erasmus bezahlt dann die Reisekosten und zum Teil auch Verpflegungskosten. Man kann das also über ein Projekt, ein Praktikum, oder eben ein klassisches Auslandssemester machen, also über die verschiedensten Ebenen. Im Fokus steht eben der Austausch zwischen den Europäischen Ländern.
ES-Magazin: Sie haben im Rahmen von Erasmus+ eine Schule in Schweden besucht. War die Reise ein angenehmes Erlebnis und was hat Ihnen besonders gut an ihr gefallen?
Frau Baden: Die Reise war auf jeden Fall sehr spannend. Ich glaube insgesamt hat mir ein Einblick in ein anderes Schulsystem zu bekommen am besten gefallen, denn wenn man in Deutschland selbst zur Schule geht und in einem deutschen Schulsystem arbeitet, hat man ja wenig den Blick, wie die anderen Schulsysteme aufgebaut sind. Und besonders spannend fand ich eben, zu sehen, wie vielleicht auch meine Fächer, also die Sprachen dort unterrichtet werden.
ES-Magazin: Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, mit Erasmus+ nach Schweden zu fahren?
Frau Baden: Ich habe über Frau Vollmer-Eicken darüber erfahren, da sie dafür zuständig ist die Erasmuskoordination zu organisieren und habe erfahren, dass es möglich ist, für eine Woche ins Ausland zu fahren. Dann habe ich mich sozusagen bei ihr beworben und mit ihr besprochen, ob ich daran teilnehmen kann. Es war für mich auch relativ schnell klar, dass ich dieses Jobshadowing machen möchte, also an einer Schule sozusagen der Schatten von einer Lehrkraft zu sein.
ES-Magazin: Hatten Sie die Möglichkeit sich das Ziel selber auszusuchen? Wenn ja, warum haben Sie sich genau Schweden ausgesucht?
Frau Baden: Ich durfte mir das Ziel selber aussuchen. Ich war nämlich nach meinem Abi für ein Jahr in Schweden, habe dort Schwedisch gelernt und auch als drittes Fach studiert. Deshalb war es für mich naheliegend, dass ich mir das schwedische Schulsystem dort anschaue und sozusagen, neben meiner Lehrebene, auch meine Sprachkenntnisse nochmal ein bisschen ausbauen kann.
ES-Magazin: Wie haben Sie sich mit den Schülern verständigt? War die Verständigung teilweise schwer?
Frau Baden: Ich habe mich mit den Schülern auf Schwedisch verständigt, weshalb die Kommunikation in dieser Hinsicht leicht war. Da die Schweden auch alle ganz gut Englisch sprechen, wäre es auch gar kein Problem gewesen, auf Englisch zu kommunizieren. Aber ich hatte da eben den kleinen Vorteil, dass ich die Landessprache spreche.
ES-Magazin: Gibt es große Unterschiede am Unterricht in Schweden und wenn ja, welche?
Frau Baden: Die Hauptunterschiede sind denke ich, dass der Unterricht etwas öffentlicher gestaltet ist. Was ich beispielsweise in der sechsten Klasse beobachtet habe, war, dass der Unterricht meistens erst mit einer Aktivität gestartet ist, wo die Schüler erstmal für sich an einer gestellten Aufgabe gearbeitet haben. Der Start ist dort nicht so wie hier, wo erstmal alle aufstehen und dann alle zusammen anfangen, sondern die Aufgabe steht an der Tafel und man kann sich erstmal mit etwas anderem beschäftigen. Nach 5 Minuten ging es dann gemeinsam los. Meistens dann mit einer Aufgabe, an der alle zusammen gearbeitet haben. Nachdem die Aufgabe besprochen wurde, ging es dann oft weiter mit Phasen, in denen die Schüler wählen konnten, wie sie weiterarbeiten wollen. Zum Beispiel konnten sie sich überlegen, ob sie einen erzählenden oder einen berichtenden Text schreiben wollen, da beides gefördert werden sollte. Die Lehrkraft war da mehr der Begleiter.
ES-Magazin: Was waren Ihre Erwartungen und haben sich diese erfüllt?
Frau Baden: Diese Erasmus-Programme stehen meistens unter einem bestimmten Aspekt, den man beobachten soll. Frau Lünzmann und Herr Przibilla waren schon in Finnland und haben sich dort die Digitalisierung angeguckt. Mein Fokus war Inklusion und wie das schwedische Schulsystem diese hantiert. Von daher hatte ich schon erwartet, dass ich dort eine weite Bandbreite an Kindern in den Klassenräumen sehe. Und das ist auch tatsächlich so, dass das Leistungsspektrum im Klassenraum viel breiter ist, als bei uns. Das heißt, man muss dort auch differenzierend einwirken durch beispielsweise das Wählen von Aufgaben oder auch durch Klassenraumgestaltung. Dass es da einfach ein bisschen anders sein muss, als bei uns, hatte ich erwartet, weil einfach die Gegebenheiten anders sind.

Im Klassenraum sind zum Beispiel überall Tische, die mit Filzschirmen abgeschirmt sind, sodass man, wenn man das Gefühl hat, man möchte jetzt gerade aus dem ganzen Klassenverband raus, kann man sich an den Rand setzten und sozusagen ein bisschen abgeschirmt von den anderen arbeiten. Es gibt diese Schirme auch an der Wand hängend, dass man sich auch an seinen eigenen Platz einen solchen holen kann. Unterstützend dazu gab es auch Lernschutzkopfhörer, die die Schüler sich aufsetzen konnten, wenn es zum Beispiel in Gruppenarbeitsphasen lauter war. Das hatte ich schon auch erwartet.
Ich war aber überrascht davon, dass es tatsächlich in jedem Klassenraum diese Möglichkeiten gibt und nicht nur in ausgewählten Räumen.
Was ich ganz speziell fand war zum Beispiel ein Ergometer. Dort stand unter einem Tisch nur der Sattel und die Pedale, sodass ein Kind, welches immer irgendwas zu tun haben musste, in der Stunde dort sitzen und die Beine bewegen konnte, um sich dann besser zu konzentrieren. Solche Möglichkeiten habe ich nicht in jedem Klassenraum gesehen, aber das gab es dort auch.
Die Stunden waren ebenfalls geplanter. Sie haben an der Schule die Regel, dass alle Lehrer am Stundenanfang den Plan der Stunde zeigen, dass für alle Schüler klar ist, was genau passieren wird. Das war auch spannend.
ES-Magazin: Können Sie uns ein Fazit zu ihrer Reise geben?
Frau Baden: Für mich war die Reise sehr bereichernd. Ich habe ganz viele Sachen gesehen, die ich vielleicht auch in meinen eigenen Unterricht positiv einbauen könnte. Zum Beispiel, dass man für sich selber und für die Schüler eine Struktur entwickelt, die Klarheit verschafft, wohin die Stunde will.

Einen Aspekt, über den wir noch nicht gesprochen haben, der für euch aber auch interessant sein könnte, ist die Gestaltung der Schule. Die Klassenräume waren alle freundlicher gestaltet, gerade die der Unterstufe. Auf den Fluren von der Mittel- und Oberstufe gab es beispielsweise Tischkicker und Sitzgelegenheiten. Auch auf den anderen Fluren gab es waren Gruppentische, damit sich aus den Klassenräumen herausbewegen konnte, um dann auf dem Flur leise zu arbeiten. Es gab außerdem Schließfächer mit Strom, sodass man sein iPad dort über Nacht lassen und laden kann.

Das sind Sachen, die vielleicht bei uns nicht oder nicht so schnell umsetzbar sind, aber die ich einfach positiv mitnehme, dass es eben möglich ist, Schule auch so zu gestalten.
ES-Magazin: Vielen Dank für das Interview!
Frau Baden: Sehr gerne.
viobeg und S0ph13