Taschengeld. Sparen. Begriffe, mit denen alle Schüler:innen etwas anfangen können.
Inflation. Ein Wort, das bei vielen Menschen zur Zeit Schrecken auslöst, weil sie damit den Verlust ihres Geldes verbinden. Menschen und Medien beschäftigen sich gerade auch wegen des Ukrainekonfliktes intensiv mit den gestiegenen Preisen beim Einkaufen, Tanken, Heizen etc.. Für ein Paket Bio-Eier zahlt man mittlerweile drei Euro. Auch wie man Geld und Kosten sparen kann, sind aktuelle Themen. Daneben streiken zur Zeit an vielen Orten Menschen im Öffentlichen Dienst, um ein höheres Einkommen zu erstreiten.
Doch wie war das eigentlich früher? Welche Rolle spielte Geld für die Menschen? Was hat man so verdient, was hat wie viel gekostet und wie ging man mit Geld um? Diese Fragen habe ich mir selbst und dann meinen Großeltern gestellt und im folgenden Interview mit ihnen darüber gesprochen. Mein Opa ist 89 Jahre alt und meine Oma ist 79 Jahre alt und beide sind in einem kleinen Dorf in Niedersachsen aufgewachsen.


ES-Magazin: Wie waren früher die Preise beim Einkaufen?
Oma: Eine Packung Eier hat damals 2 D-Mark gekostet. Umgerechnet etwa 1€. Aber eigentlich waren wir nicht oft einkaufen. Man hatte eigene Kühe und Hühner. Wasser gab es nur aus der Leitung. Wir mussten es dann mit einer Pumpe in ein Gefäß füllen. Jede Woche ist ein Kaufmann aus Scheeßel zu uns aufs Dorf gefahren. Man hat ein Tauschgeschäft gemacht: Er bekam von uns Eier und Milch und dafür haben wir dann zum Beispiel Mehl bekommen.
ES-Magazin: Wie praktisch. Wie oft hat man denn früher Kleidung gekauft? Oder hat man sie aufgetragen? Oder sogar selber geschneidert?
Oma: Ich weiß noch, dass ich mir mal Schuhe kaufen wollte von meinem eigenen Geld. Da war ich fünfzehn Jahre alt. Ich musste einen Monat lang dafür arbeiten, um sie mir leisten zu können. Die Schuhe haben 29,50 D-Mark gekostet.
ES-Magazin: Das heißt ungefähr 15 Euro für ein paar Schuhe? Das ist aber günstig.
Oma: Damals war das viel Geld. Aber als ich klein war, hatte ich nur selbst genähte Kleidung, und zwar nur Kleider und Röcke. Hosen durften Mädchen nicht tragen, außer im Winter zum Unterziehen.
Opa: Ich weiß noch, dass meine Cousine mir mal aus einer alten Wolldecke eine Hose genäht hat.
Es-Magazin: Aus einer Wolldecke?
Opa: Ja, aus einer Wolldecke. Man hat damals vieles wiederverwendet. (Heute würde man sagen „upgecyclet„; Anm. d. Redaktion.)
Oma: Das stimmt. Man hat sich nur selten schicke Kleider gekauft. Schickere Kleider haben so um die 60 D-Mark gekostet. Wenn man Glück hatte, hat man auch mal eins für 20 D-Mark bekommen. Ich weiß noch, dass wir mein Brautkleid bei C&A gekauft haben. Für 88 D-Mark. Das war 1963.
ES-Magazin: Das ist aber günstig, heutzutage kosten Brautkleider mindestens 1.000 €. Wie teuer war damals denn ein Auto?
Opa: In unserer Jugend hatten unsere Familien noch kein Auto. Da sind wir immer mit dem Fahrrad gefahren.
Oma: Also wir hatten kein eigenes Rad, ich hab das von meinem Vater oder meiner Mutter genommen als ich klein war. Unser erstes Auto haben Opa und ich dann 1964 gekauft, von dem Geld, dass wir beim Hausbau übrig hatten. Das war ein VW Käfer für rund 3.400 D-Mark.
Opa: Später hatten wir dann einen Passat Variant.
Oma: Das war 1975. Der Passat hat 11.500 D-Mark gekostet.
ES-Magazin: Auch nicht so teuer, wenn man das mit den Preisen heute vergleicht… Wie viel Geld hat man denn früher verdient?
Oma: Als ich 1959/60 Haushaltshilfe war, habe ich 60 D-Mark im Monat verdient. 1961 war ich dann Haushaltshilfe in einem landwirtschaftlichen Betrieb, dort habe ich 120 D-Mark im Monat verdient. Ich habe aber auch immer umsonst ein Zimmer und Verpflegung dazu bekommen. Später habe ich dann gar nicht mehr gearbeitet, ich war nur noch Hausfrau. Als dein Opa und ich verheiratet waren, musste er mir erlauben zu arbeiten, verheiratete Frauen durften nämlich eigentlich gar nicht arbeiten.
ES-Magazin: Und du Opa, was hast du so verdient?
Opa: Als ich mit 14 zu Hause gearbeitet habe, habe ich erstmal gar nichts verdient. Dann war ich auf einem Bauernhof, da habe ich 120 D-Mark pro Monat verdient. Doch dann habe ich mich dazu entschieden eine Lehre zu machen. Ich wollte Maurer werden. Im ersten Lehrjahr habe ich 18 D-Mark pro Monat verdient, im zweiten Lehrjahr dann 48 D-Mark und im dritten dann 118 D-Mark. Als ich Geselle war, habe ich schon 50 D-Mark pro Woche verdient. Danach habe ich in Scheeßel gearbeitet und 80-90 D-Mark in der Woche verdient und als ich dann in Bremen auf dem Bau gearbeitet habe, waren es 120 D-Mark pro Woche.
ES-Magazin: Dann war es also eine gute Entscheidung, die Lehre zu machen, oder?
Opa: Ja, es hat sich auf jeden Fall gelohnt.
ES-Magazin: Wie viel Taschengeld habt ihr denn früher bekommen?
Oma: Gar nichts. Ich habe Zeitung ausgetragen, als ich ungefähr so alt war wie du, Merle. Dafür habe ich vielleicht 8 D-Mark im Monat bekommen.
Opa: Ich hab auch kein Taschengeld bekommen. Als ich Lehrling war, habe ich nicht so viel verdient und dann hat mein Papa mir ab und zu mal Geld gegeben, damit ich beim Schützenfest oder auf einem Ball mal einen ausgeben konnte.
ES-Magazin: Oh okay. Man kann sich das schwer vorstellen, gar kein Taschengeld zu bekommen. Was hat man früher denn geschenkt bekommen, zum Beispiel zum Geburtstag? Und wie viel Geld hattet ihr zum Ausgeben zur Verfügung?
Oma: Meine Freundinnen und ich haben uns gegenseitig immer Sammeltassen zum Geburtstag geschenkt. Das war ein Set aus einem Kuchenteller, einer Untertasse und einer Tasse. Die Tassen waren dann verziert mit bunten Farben und Mustern. Manchmal haben wir uns auch Stofftaschentücher von Kolkmann (ein beliebter und bei Schüler:innen noch heute für sein Kratzeis berühmter Einkaufsladen in Scheeßel; Anm. d. Redaktion) geschenkt. Von meinen Eltern habe ich was zum Anziehen bekommen.
Opa: Ich habe eigentlich nie was geschenkt bekommen. Zu Weihnachten gab es immer einen Teller mit Nüssen und Obst. Das war’s. Zum Geburtstag war es etwas Besonderes, wenn Mama Wackelpudding gemacht hat, also Götterspeise. Es gab auch mal was zum Anziehen, das war dann aber aufgetragen.
ES-Magazin: Das ist erschreckend, wenn man überlegt wie viel man heutzutage geschenkt bekommt und wie viel Geld man oft für unnütze Dinge ausgibt…
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Merle, WPK 9