Nach über zwei Jahren coronabedingter Zwangspause hat der allseits bekannte „Theaterfrühling“ an der Eichenschule wieder begonnen. Der WPK Theater der 8. Klassen führte unter Leitung von Herrn Anders das Stück „Kommt Sucht von „suchen“?“ auf. Das Stück, das am 18. und 20.05 zu sehen war, behandelte bestimmte Süchte und ihre Folgen, die in der Gesellschaft immer präsent, aber gleichzeitig verschwiegen sind.
Als der Vorhang sich öffnete, hatte das Publikum den perfekten Blick auf die achtzehn gegenüber von einander auf Stühlen gereihten Schauspielerinnen und Schauspieler, als eine weitere von ihnen an den Tisch zentral der beiden Stuhlreihen trat. Schon wurde das Publikum in die Situation eingeweiht – es handelte sich um eine Schulklasse und ihre Lehrerin. Diese ließ sogleich auch Arbeitsblätter verteilen, auf denen Informationen zu verschiedenen Süchten standen, sodass die SchülerInnen Plakate zu den verschiedenen Themen gestalten sollten. Es ging um:
Alkoholsucht; Spielkonsolen- und Handysucht; Drogensucht; Shoppingsucht; aber auch Magersucht.
Nachdem die Lehrerin natürlich das Klischee kaffeeliebender Lehrkräfte bediente und das Publikum zum Lachen brachte, wie auch die dargestellten SchülerInnen es immer wieder taten, die sich über das Thema der Stunde lustig machten und beschwerten, schon wieder Plakate erstellen zu müssen.
Ihre Lehrerin, die inzwischen merklich auf dem Zahnfleisch ging, kam dem Wunsch ihrer SchülerInnen nach und ließ sie stattdessen Szenen zu den Themen spielen.
Ab diesem Punkt verschwamm das Stück zu einem Theater im Theater, was die Geschichte plötzlich viel nahbarer machte, sodass man sich mit den sehr aktuellen und schnell vergessen Themen viel intensiver auseinandersetzte.
Während die Szene im Klassenzimmer noch lustig und frei wirkte, wurde es nun ernster. Dennoch wurde der ein oder andere Witz eingeworfen, wodurch auch hier das Stück seine Lebhaftigkeit behielt und auch angesprochene Tabus bei dem Thema Sucht in den Schatten stellte.
Alle Süchte hatten ihre einzelnen Szenen, bei denen – hier ebenfalls pandemiebedingt – auch die Lehrerin mal einen Schüler oder Schülerin ersetzen musste. Die souverän und überzeugend gespielten Szenen wurden bei fast ausgeschaltetem Licht umgebaut und wenn man den einen oder die andere etwas sagen hörte, musste man sich erst einmal daran erinnern, dass dies Teil des Stückes war – schließlich bauten gerade Schülerinnen und Schüler in ihrer Klasse die Szene um. Auch hier wirkte das Stück viel unmittelbarer.
In den Szenen zu den Süchten ging es eher weniger um die Ursachen der Süchte, sondern um den Umgang mit ihnen und die Folgen solcher Süchte – bis plötzlich jemand die Lehrerin fragte, ob Sucht nicht doch von „suchen“ käme? Vielleicht seien Menschen mit einer Sucht ja auf der Suche nach sich selbst? Oder würden sie sich nicht noch mehr verlieren? Während die Lehrerin den wahren Ursprung des Wortes „Sucht“ erklärte, wurde mit jeder Szene mehr klar, dass Sucht wirklich nicht von „suchen“ kommen kann. Eine Darstellerin verlor in der Szene die Kommunikation mit ihrer Mutter durch ihre Sucht und konnte ihre wahren Gefühle über die Trennung ihrer Eltern nicht verarbeiten. Eine andere verlor sich selbst im Shopping-Rausch und gab all ihr Geld und das ihrer Freundinnen aus, deren Vertrauen sie sich inzwischen beim Thema Geld leihen fast verspielt hatte und sogar begann zu stehlen. Wiederum eine andere Darstellerin verlor sich, indem sie nur noch darauf achtete, keine Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, bis sie sogar das Restaurantpersonal anschrie.
Aber neben Folgen und dem auch familiären Umgang mit Süchten wurde am Ende in einer Szene verschiedensten Personen die Frage gestellt „Was macht uns stark?“. Auch als SchülerInnen stellten sich Schauspielerinnen und Schauspieler diese Frage, sodass auch das Publikum sich diese Frage stellen musste.
Nach einem verdienten, ausgiebigen Applaus und einer Tanzeinlage wurde genau zu solcher Diskussion geladen. Im Publikum wurden Mikrofone herumgereicht, um sich zu der schauspielerischen Leistung und generell dem Thema „Sucht“ zu äußern. Herr Anders stellte außerdem die Frage, ob es gereicht hätte, dass bis auf Requisiten kein Bühnenbild die Schauspielenden unterstützt hatte, was das Publikum klar bestätigte. Denn somit wirkten die kleinen Szenen für sich selber und das Thema brachte einen viel mehr zum Nachdenken.
Das Stück beschäftigte sich mit einer besonderen Perspektive – der von Schülerinnen und Schülern – mit dem Thema Sucht. Durch einen freien und gleichzeitig respektvollen Umgang mit diesem sensiblen Thema, aber auch Schlagfertigkeiten wurde mit Tabus gebrochen und gesellschaftliche Probleme deutlich dargestellt, die durch eine Sucht entstehen oder sogar eine mögliche Ursache einer Sucht sein können und wie solche auch engste Familien und Freundschaften belasten können.
Paula Holste
Mein Kompliment für die gelungene Rezension. Ich habe meine persönliche Wahrnehmung des Stücks darin gespiegelt gesehen. macht weiter so!
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