Fundstücke aus der Eichenschule#2

Hallo, 

ich bin der Spind Nummer 38. Ja ich bin auch noch am Leben, auch wenn man es mir vielleicht nicht ansieht. Ich bin da!!! Also, ich wohne in der Eichenschule Scheeßel, zwischen den Spinden 37 und 39. Mein Leben läuft also auf geringem Raum ab, Ferien habe ich nicht und ich muss jeden Tag aufpassen, dass nichts aus mir gestohlen wird. Das nennt man bei euch Menschen Massentierhaltung. Wir Spinde sind wie Hühner in kleinen Käfigen eingesperrt. Wir haben jeder nur einen Bereich für uns, wenn man das Bereich für uns nennen kann, von etwa 42 cm Höhe und nur einer Breite von 30 cm.

Ein gewöhnlicher Tag in meinem Alltag ist, dass ich morgens von meinem Gebieter Sachen anvertraut bekomme und auf diese aufpassen muss. Ich passe dann die ganze Zeit auf, bis mein Gebieter endlich mal herkommt und seine Sachen selber trägt. Wenn er diese abholt, ist es ihm egal, wie er mit mir umgeht. Für ihn bin ich nur ein Gegenstand… aber ich habe auch ein Herz. Er holt also seinen Schlüssel heraus, mit dem er mich eigentlich nur öffnen soll, aber er trifft eigentlich nie das Schlüsselloch genau. Sondern er verkratzt mir erst einmal mein schönes Gesicht. Interessiert ja keinen, ist zwar Körperverletzung, aber okay, mach mal.

Man würde ja denken ich hätte in der Pause Pause, so wie ihr, aber die habe ich ganz und gar nicht. Den meistens sind die Klassenräume abgeschlossen. Deswegen muss ich die nervigen 5. und 6. Klassen ertragen. Sie lieben es Ball zu spielen. Und meistens sind ich oder meine Freunde das Tor. Meinen alten Freund Nummer 32 z.B hat es einmal hart im Gesicht getroffen. Jetzt ziert sein Gesicht eine schreckliche Beule.

Und falls ihr jetzt denkt, ich bekomme für alles, was ich auf mich nehme, viel Geld, habt ihr falsch gedacht. Ich bekomme rein gar nichts, auch wenn ich mich noch so sehr anstrenge. Das ganze Geld bekommt die Schule. Ich bin also angestellt dafür, dass es euch besser geht und bekomme dafür nichts. Ich frage euch: Ist das gerecht? Ich sage euch nein, nein und noch Mals nein. Nicht mal auf meine alten Tage kann ich in den Urlaub fliegen, obwohl ich doch schon immer mal nach Spanien wollte. Aber ich habe ja kein Geld für den Flug. Und außerdem wie sollte ich fliegen, wenn im Flugzeug gar keine Spinde erlaubt sind?

Ist wirklich toll zu wissen, dass man sein ganzes Leben auf nichts hinarbeitet. Und irgendwann lande ich auf dem Schrottplatz, weil mich zu viele Fußbälle getroffen haben. Dann kommt an meinen Platz ein anderer Spind und ich verliere meinen Job und meine Existenz. Ich werde bestimmt nicht einmal vermisst. Dem einzigen, der mein Verschwinden vielleicht bedauert, ist Nummer 32, mein einziger Freund, den es dann vielleicht auch schon lange nicht mehr gibt.

Abschließend muss ich sagen, mein Leben ist so trist und trostlos, dass ich eigentlich keine Lust mehr darauf habe. Ändern wird dieser Monolog bestimmt nichts, weil es sowieso allen egal ist, wie es andern und auch wie es mir geht. Für euch zählt es nur, dass es euch selbst gut geht und nicht mir oder anderen Menschen.

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