Lange gab es in der Mode eine ungeschrieben Regel: Frauen tragen Handtaschen und Männer benutzen Hosentaschen. Männer hatten selbstverständlich auch andere Taschen: Sporttaschen, Arzttaschen oder Aktentaschen. Was dieser Mann zu tun hatte, war an seiner Tasche zu erkennen.
Die Handtasche der Frau hingegen verwies auf den Anlass, zu dem die Frau die Tasche trug. Es gab die kleine Abendtasche und große Taschen zum Shoppen. Es gab die mittelgroße Tasche, die Frauen in ihrem Alltag begleiten. Nicht etwa beim Arbeiten. Eine Handtasche hat dazu die Tendenz, ihre Trägerin zu behindern. Sie muss ja mit einer Hand die Tasche tragen, daher kann sie mit der anderen kaum etwas tun. Falls sie beide Hände braucht, braucht sie jemanden, der ihr hilft. Oder wenigstens die Tasche hält.
Taschen wurden Anfang der 2000er Jahre deutlich teuerer durch ihren großen Bedeutungszuwachs in der Mode. Somit wurde die Handtasche vom Accessoire zum Statussymbol. Wer eine teure Handtasche trug, war nun offenbar wohlhabend. Mit dem Aufschwung der Handtasche kamen auch viele Vorurteile dazu. Etwa, dass das Innenleben einer Frauentasche chaotisch sei. Selten hat jemand gefragt, wie es denn eigentlich in den Taschen von Männern so aussieht. Etwa typisch männlich? Ordentlich?
Wie kommen wir aus dieser Klischee-Falle nun wieder raus? Männer könnten auch anfangen, zu jeder Gelegenheit Taschen zu tragen, nicht nur zweckgebunden, sondern auch zum Ausgehen. Leider sind alle Versuche, die Männerhandtasche zu etablieren, nicht weitergekommen. Wenn Männer eine Tasche tragen, soll sie immer noch aussehen, als sei sie einer Berufsgruppe zuzuordnen, etwa die DJ-Tasche. Es ist ihnen partout keine Tasche zu verkaufen, die sie einfach nur in der Hand halten sollen. Vielleicht ist es daher der bessere Weg aus den Geschlechterklischees, wenn sich die Damentasche ein wenig der Herrentasche annähert.
Erste hoffnungsvolle Zeichen gibt es schon: In der aktuellen Kollektion von Salvatore Ferragamo ist es eine Tasche, die eckig aussieht wie ein Arztkoffer. Bei Rejina Pro gibt es ein grünes Handköfferchen und bei Emilia Wickstead eine Tasche, die von einer klassischen Aktentasche kaum mehr zu unterscheiden ist. So etwas können auch Männer gut gebrauchen – besser jedenfalls als ausgebeulte Hosentaschen.

