Es ist Mittag, um genau zu sein: 12 Uhr. Unsere ganze Nachbarschaft und auch wir stehen auf unseren Balkonen, Terrassen oder Einfahrten und trommeln wild mit Kochlöffeln auf Töpfen herum. Wenn man nicht weiß, worum es hierbei geht, könnte man darüber wirklich lachen, es sieht für einen Außenstehenden vielleicht tatsächlich ein wenig komisch aus.
Leider ist der Grund dafür eigentlich so gar nicht zum Lachen. Das Trommeln ist als Anerkennung und Applaus für die vielen Pflegekräfte, Krankenschwestern, Ärzte und alle anderen gedacht, die nicht wie wir „Homeoffice“ machen können, die sich zu Zeiten der Corona Krise in Gefahr begeben, um zu helfen.
Auch wenn es zwar irgendwie ein Gefühl der Gemeinschaft ist, ein tolles Gefühl, mit allen zusammen zu Trommeln, zu Applaudieren, ist die Stimmung irgendwie ein wenig bedrückt.
Wie wird es weitergehen? Wann wird das alles endlich ein Ende haben? Werde ich mich auch infizieren?
Die Ungewissheit bleibt, niemand weiß, was in den nächsten Tagen und Monaten passieren wird, wann wieder Normalität einkehren wird.
Als am Freitag, den 13.3. bekannt gegeben wurde, dass die Schule voraussichtlich für 5 Wochen geschlossen bleibe, brach eine gewisse Euphorie aus. Natürlich freut man sich als Schüler erstmal, wenn die Schule unerwartet ausfällt, so etwas hat kaum einer von uns schon einmal erlebt. Auch ich habe mich erstmal gefreut.
Als ich wenige Stunden später im Bus nach Hause saß, schaute ich mich im überfüllten Bus um. Der Busfahrer hatte die Vordertür abgesperrt, um sich selbst zu schützen. Alle Kinder mussten hinten einsteigen, ob man ein Ticket hatte, völlig egal.
Je länger ich aus dem Fenster im Bus schaute und nachdachte, desto weniger wurde meine Freude über die unverhofften, freien Wochen. Ein komisches Gefühl machte sich breit, ein wenig Angst, aber vor allem Unsicherheit. Das war der erste Moment, in dem ich tatsächlich anfing, ein wenig Angst zu haben.
Ich dachte an meine Oma, die mit ihren 75 Jahren zu den gefährdeten Personen gehört. Sie geht jeden Morgen Schwimmen, außerdem Golfen und Reiten und auch sonst ist sie jeden Tag unter vielen Menschen. Was, wenn sie sich ansteckt? Kann das wirklich passieren, hier bei uns im kleinen Rotenburg?
Und auch mein Papa ist gefährdet, er wartet seit 13 Jahren auf ein Spenderorgan und liegt an der Dialyse. Darf ich ihn überhaupt noch umarmen, wenn ich gleich nach Hause komme? Sollte er überhaupt noch aus dem Haus gehen?
Jetzt, genau eine Woche nach unserem letzten Schultag, haben wir uns so langsam auf die Situation eingestellt. Handschuhe zum Einkaufen tragen, Rausgehen nur wenn unbedingt nötig, keine Treffen in großen Gruppen und viel, viel Hände waschen. Schule findet von Zuhause statt, Lehrer schicken uns Mails und stellen uns Aufgaben. Die Quarantäne ist für alle nun mehr oder weniger Realität geworden.
Doch auch, wenn man meinen sollte, dass jeder verstanden haben sollte, dass die Situation ernst ist und man Kontakte zu anderen Menschen vermeiden sollte, den zwei Meter Abstand waren sollte, bin ich immer wieder fassungslos, wie viele Menschen das immer noch nicht begriffen zu haben scheinen.
Auf Snapchat sehe ich jeden Tag Fotos und Videos von Jugendliche, die sich in Gruppen mit vielen Freunden treffen, shoppen gehe, Party machen. Diese Leute würde ich am liebsten wachrütteln und sie daran erinnern, dass das Corona Virus ganz Deutschland erreicht hat.
Alle, die sich immer noch in Gruppen treffen, müssen sich bewusst sein, dass sie ihr Umfeld und ihre Familie gefährden. Jeder von uns, vor allen von uns Jugendlichen, kann anstecken, ohne es zu merken.
Die Zahl der Infizierten in Deutschland wächst beängstigend rasant. Jetzt ist nicht die Zeit, um sich zu treffen und zu feiern.
Fangt endlich an, vernünftig zu handeln!