…diese Erfahrung durfte ich im Rahmen von ,,Jugend und Parlament“ durch den Bundestagsabgeordneten Oliver Grundmann (CDU) machen.
Bei dem Planspiel geht es darum, den Arbeitsalltag von Politkern hautnah zu erleben. Hierzu ist es jedem zweiten der 709 echten Abgeordneten erlaubt, einen Jugendlichen im Alter von 17-20 Jahren zu nominieren. Der Kandidat muss sich zuvor allerdings beim Büro eines Abgeordneten beworben haben.
Für die Simulation erhält jeder Teilnehmer eine neue Identität und ihm wird eine Parteizugehörigkeit nach dem Zufallsprinzip zugewiesen. So gibt es die in der Opposition vertretene Bewahrungspartei (BP) als größte Fraktion, die Gerechtigkeitspartei (GP) und die Partei für Engagement und Verantwortung (PEV) bilden die Regierungskoalition.
Um verschiedene fiktive Gesetzesentwürfe aus den unterschiedlichen Resorts einzubringen und zu verabschieden, bedarf es der gründlichen Debatte in Landesgruppen, Arbeitskreisen und Ausschüssen. Dort findet der Großteil politischer Arbeit statt. Die anschließende Plenardebatte dient hauptsächlich der Präsentation von neuen Gesetzesentwürfen in der Öffentlichkeit und dem sachlichen Auseinandersetzen mit anderen Meinungen. Wie ich als Oppositionspolitiker lernen durfte, ist es gar nicht so einfach den Regierungsparteien in zähen Ausschusssitzungen einen bestimmten Paragraphen des zu diskutierenden Artikels abzuringen. Jeder möchte seine Interessen durchsetzen und dies gelingt in einer Demokratie nun mal nur mit entsprechenden Mehrheiten. Um so glücklicher machte es unsere Fraktion, als sich der Auswärtige Ausschuss nach langen Sitzungen mehrheitlich für einen Gesetzesentwurf entschied, den wir in dieser Form erreichen wollten. Konkret ging es um die Erweiterung eines Bundeswehrmandats zur EU geführten Operation ,,EUMISA“ in dem Land Sahelien. Diese fiktive Situation ähnelt dem echten Einsatz der Bundeswehr in Mali. Auch die anderen Gesetzesentwürfe waren realitätsnah. Dazu zählte zum Beispiel ein Gesetz, welches Hersteller verpflichtet, Pfand auf Einwegbecher zu erheben. In diesem Themenbereich beschäftigte sich federführend der Umweltausschuss, sowie der Verbraucherschutz- und Wirtschaftsausschuss, der für meine Fraktion, unter anderem von mir, vertreten wurde. Anders als im eben erwähnten Auswärtigen Ausschuss, gelang es uns als Opposition hier nicht, einen Kompromiss zu erzielen. Die Koalition verschärfte ihr Vorhaben sogar noch mit einer zusätzlichen Gebühr in Höhe von 30ct. pro Einwegbecher.
Weitere Gesetzesentwürfe stellten die ,,Chancengleiche Bewerbung“ bei BewerberInnen des Bundes und die Senkung des Mindestalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre dar. Hierzu wäre aber eine 2/3 Mehrheit erforderlich gewesen, da es sich um eine Änderung des Grundgesetzes handelte.
Als ich, wie die meisten anderen von uns, täglich gegen 1 Uhr nachts stark ermüdet ins Bett fiel und mein Handy mir sagte, dass ich innerhalb eines Tages gute 17 Kilometer an Wegstrecke in den Gängen des Bundestages auf dem Weg von Sitzung zu Sitzung zurückgelegt hatte, wurde mir erst bewusst, was die Abgeordneten für ein Arbeitspensum leisten.
Während der ganzen Arbeit gerieten die wirklichen Geschehnisse in Deutschland tatsächlich ein wenig in den Hintergrund. So befand sich die zwischendurch kursierende Nachricht, dass Andrea Nahles von all ihren Ämtern zurückgetreten war, nahezu in weiter Ferne, obwohl wir uns geographisch doch direkt im Mittelpunkt des politischen Berlins befanden.
Abschließend kann ich sagen, dass ich mich sehr glücklich schätze, an solch einer Veranstaltung teilgenommen zu haben, um die Arbeit eines Politikers nicht nur nachzuvollziehen, sondern auch zu lernen. Ich empfehle jedem Jugendlichen im entsprechenden Alter, sich für das nächste Mal ebenfalls zu bewerben. Neben Politik entstehen hier nämlich auch Kontakte zu Gleichaltrigen in ganz Deutschland.
Ein Erfahrungsbericht von Bennett Meyer